Arabische Herrschaft



Erste arabische Vorstöße nach Tunesien von Ägypten aus erfolgen bereits in den Jahren 647 und 665. Aber erst der Heerführer Oqba Ibn Nafi unterwirft ab 670 den größten Teil der byzantinischen Provinz und gründet 671 die neue Hauptstadt Kairouan als erste arabische Stadt Tunesiens. Die Berber leisten noch lange Widerstand, nehmen nach und nach aber den islamischen Glauben an. Africa heißt nun Ifrikya. Der uns aus 1001 Nacht nicht unbekannte Bagdader Kalif Harun al Rashid schickt im Jahr 800 den Statthalter Ibrahim Ibn El-Aghlab nach Tunesien, ihm gelingt es, die Machtkämpfe zwischen den rivalisierenden islamischen Gruppen zu beenden.


Er kann Frieden schaffen, wird zum Emir ernannt und die darauffolgende Herrschaft der Aghlabiden kann als eine der arabischen Blütezeiten betrachtet werden. Zeugen jener Epoche sind die Ribats z.B. in Monastir und Sousse. Aufspaltungen des Islam in verschiedene Glaubensrichtungen und Machtkämpfe dieser Gruppierungen untereinander bestimmen die weitere Geschichte. Mehrere Jahrhunderte lang folgen ständige Kämpfe verschiedener arabischer Herrschergruppen gegeneinander, zwischen 1000 und 1100 führen diese Kämpfe zu entsetzlichen Zerstörungen durch die Araber, die Waldgebiete des mittleren Tunesiens werden abgeholzt, das Land verwüstet, die Traditionen der Berber zerstört, 1057 Kairouan vernichtet welches für immer seine internationale Bedeutung verliert. Tunesien verfällt in Bedeutungslosigkeit. Gleichzeitig erfolgt jetzt eine tiefgreifende Arabisierung, denn inzwischen ist eine große arabische Erobererschicht ins Land eingedrungen, die ihre nomadische Kultur und arabische Sprache nachdrücklich aufzwingen kann. In Tunesien gibt es keine Zentralmacht mehr.

Die Normannen erobern 1091die letzten noch verbliebenen Stützpunkte auf Sizilien, 1135 auch Djerba und 1148 schließlich Mahdia.

Erst 1229 bringt die Dynastie der Hafsiden Ifrikya wieder eine Phase wirtschaftlicher Konsolidierung. Die neue Hauptstadt des Landes, das von nun an Tunesien heißt, wird Tunis. Die Stadt erlebt in dieser Zeit eine große Blüte durch den Zustrom gebildeter moslemischer und jüdischer Flüchtlinge aus dem von den Christen bedrohten islamischen Spanien, auch entwickelt sich ein reger Handelsaustausch mit den Staaten rund ums Mittelmeer. Stammesaufstände, Dynastiestreitigkeiten und eine Pestepidemie 1348/49 werfen das Land vorübergehend zurück, doch den Hafsiden gelingt es, die Ordnung wieder herzustellen. Und diese relativ friedliche Periode dauert an bis etwa zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der neuerliche Niedergang zeichnet sich ab durch Machtansprüche des landbesitzenden Klerus, verschiedener Stammesfürsten und durch Proteste der Bevölkerung gegen zu hohe Steuerlasten. Um die Jahrhundertwende ist die Macht der Hafsiden auf Tunis beschränkt, im übrigen Land herrschen lokale Größen, Stammesfürsten und religiöse Orden.

Aufgrund der neuerlichen Schwäche des Landes können die habsburgischen Spanier zwischen 1508 und 1511 die Küstenstädte zu Tributleistungen zwingen. Die Tunesier suchen Schutz bei den türkischen Marine, die zu dieser Zeit als Vorhut der osmanischen Expansion ins westliche Mittelmeer vorstoßen. Deren bekanntester Vertreter, Barbarossa, erobert von Djerba aus verschiedene tunesische und algerische Hafenstädte und ganze Küstengebiete, erobert 1529 Algier, wird 1533 vom osmanischen Sultan offiziell zum Verwalter des östlichen Maghreb anerkannt, kann 1534 Bizerte und Tunis erobern und wird dabei von der Bevölkerung als Befreier gefeiert. Der Hafsidenherrscher Hassan flieht und bittet den habsburgischen Kaiser Karl V. um Hilfe. Dieser landet 1535 bei La Goulette, erobert Tunis zurück und Hassan regiert jetzt unter habsburgischem Protektorat. Tunesien gehört kurzfristig zur spanischen Einflußsphäre.

Der Kampf um die Mittelmeerherrschaft ist aber noch lange nicht zu Ende und in den folgenden Jahren erreicht die Mittelmeerpiraterie ihren Höhepunkt. Eine Zeit lang üben die Türken die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeerraum aus, aber auch die Spanier haben Erfolge, erobern La Goulette zurück und erringen 1571 einen großen Seesieg über die Osmanen. 1574 jedoch fällt Tunis endgültig in türkische Hand und die Osmanen sind die neuen Herren des östlichen Maghreb. Tunesien bleibt für die nächsten 300 Jahre eine Provinz des osmanischen Reiches.

1587 setzt Istanbul ebenso wie in Algier und in Tripolis in Tunis einen Pascha als Gouverneur ein, jedoch schon 1590 revoltieren die Janitscharen und heben den Oberbefehlshaber dieser türkischen Elitetruppen, den Dey, an die Spitze der Verwaltung. In der frühen türkischen Zeit herrscht somit eine Militäraristokratie in enger Zusammenarbeit mit den reichen und einflußreichen Persönlichkeiten des Landes, welche der Oberschicht und dem Handel zu weiterem Wohlstand verhelfen.

Im 17. Jahrhundert erlebt Tunesien also zunächst eine Phase der Erholung. Der Handel mit Europa nimmt einen neuen Aufschwung, in Tunis werden englische, französische und holländische Handelskonsulate eröffnet. Aber auch die Piraterie hält noch weiter an und damit verbunden auch noch der Sklavenhandel. Die 1609 unter Philipp II. stattfindende Vertreibung von Moslems aus Spanien lässt Zehntausende andalusischer Araber ins Land kommen, welche wiederum Kultur und Wirtschaft bereichern und gleichzeitig vollendet diese Masseneinwanderung die zweite Phase der Arabisierung der tunesischen Bevölkerung, die Berber werden nun endgültig eine Randgruppe.

Danach beginnt wieder eine längere Phase innerer Wirren bedingt durch Wirtschaftskrisen, Überfälle aus Algerien dynastische Machtkämpfe, christliche Angriffe und einer erneuten Pestepidemie.
1705 kommt es zum Machtwechsel. Hussein Ben Ali setzt sich an die Spitze des Landes und begründet die formal bis 1957 regierende Dynastie der Husseiniten-Beys. Ihm gelingt es, wieder eine zentrale Verwaltung aufzubauen, die sich nach und nach dem osmanischen Einfluß entzieht. Das Land wird praktisch unabhängig von der osmanischen Zentralmacht in Istanbul. Jedoch wie schon so oft folgt aber auch jetzt nach kurzer Blütezeit der erneute Niedergang. Die Ursachen liegen diesmal in der Verlagerung der internationalen Handelswege auf den Atlantik. Dadurch wird die Piraterie schwieriger und unergiebiger, die Einkünfte sinken. Höhere Steuern führen zu Armut und Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die Beys sind untereinander zerstritten und gleichzeitig unternehmen die algerischen Deys immer wieder Vorstöße auf tunesisches Gebiet.

Tunesien spielt zum letzten Mal die Rolle einer Großmacht unter Hammouda Bey (1782-1814), der die Algerier schlägt und die Janitscharen entmachtet und sich somit als erster absoluter Herrscher der Türkenzeit in Tunesien durchsetzt. In der Folgezeit verlieren die Beys durch das endgültige Aus der Piraterie (unter anderem durch das Aufkommen das Dampfschifffahrt, welche die europäischen Schiffe schneller macht) ihre letzte lukrative Einnahmequelle. Höhere Steuern führen zu zunehmender Verarmung der Bauern, am Hof herrschen Korruption und Vetternwirtschaft.

Weiter mit Französische Kolonialzeit